Die Anahita II erlebt Ihren schwersten Sturm auf See

Am Donnerstag, den 29. Mai laufen wir gegen 11.00 Uhr in Serifos aus. Unser Ziel ist die Ankerbucht zwischen Antiparos und Despotiko.

Der Wetterbericht hatte für diese Region Windstärken von maximal 24 Knoten (6 Beaufort) aus südwestlicher Richtung vorausgesagt. Für uns also kein Problem.

Gegen 13.00 Uhr erhalten wir einen neuen Wetterbericht der nun Windstärken in Böen über 40 Knoten (8-9 Beaufort) voraussagt. Nun war für uns alles zu spät, wir waren auf See und mussten durch.

Um schneller unser Ziel zu erreichen, ließen wir die Maschine noch mitlaufen.

Es hatte sich inzwischen schon eine hohe Welle aufgebaut, die uns von der Seite extrem beutelte. Der Wind nahm immer mehr zu. In Spitzen hatten wir schon über 50 Knoten (10 Beaufort). Wir waren 5 Meilen vor unserem Ziel. Plötzlich gab die Maschine Alarm. Das bedeutet entweder kein Öldruck oder Überhitzung. Wir stoppten die Maschine und entschieden uns vor dem Wind in die 12 Meilen entfernte Bucht von Paros abzulaufen. Alles kein Problem, schliesslich sind wir Segler. Wolfgang stellte fest, dass die Maschine genug Öl hatte aber durch die Schräglage Kühlwasser am Ausgleichsbehälter ausgetreten und die Maschine deswegen zu heiß geworden war. Einfach Kühlwasser nachfüllen war gefährlich für die Maschine. Also war uns klar, dass wir ohne Maschine bei schwerem Sturm in die Bucht von Paros einlaufen und dort ankern müssen.

Wetterkarte1

 Wetterbericht vom 29. Mai morgens für den Nachmittag. Hier sah alles noch ganz harmlos aus.

Wetterkarte2

Wetterbericht von 13.00 Uhr für den Nachmittag. Für uns war es zu spät, wir waren unterwegs.

Seekarte

Nur mit unserer kleinen Sturmfock machten wir 8,5 Knoten Fahrt. Anahita vibrierte. Ich stand die ganze Zeit am Ruder und mir wurde schon fast unheimlich. Ich hatte Mühe das Schiff auf Kurs zu halten.

Babs-Sturm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Da war voller Körpereinsatz gefragt!

Kurz vor dem Hafen war es die reinste Hölle. Die Wellenkämme wurden vom Sturm abgerissen und es sah aus, als wenn Nebel über dem Wasser liegt. Der Sturm tobte in den Böen mit über 50 Knoten. Zu allem Überfluß regnete es auch noch.

Kurz vor der Bucht von Paros nahmen wir unsere Sturmfock rein und wir machten vor dem Wind ohne Segel noch über 2 Knoten Fahrt.

Wir hatten die Hafenpolizei über UKW-Funk angerufen, um sie zu beten Standby zu sein, falls wir Hilfe benötigen sollten. Die musssten wir erst einmal wecken. Es dauerte mehrere Minuten bis sie reagiert haben und am Ende meinten sie, wir sollten sie auf dem Handy anrufen. Da waren wir aber schon in der Bucht.

In der Bucht von Paros machten wir einen Aufschießer, ließen den Anker fallen, gaben 70 Meter Kette auf 6 Meter Wassertiefe, der Anker hielt sofort, wir waren in sicherer Position und wir waren heilfroh angekommen zu sein.

Viele Yachten wurden ebenso wie wir von diesem Sturm auf See überrascht. Wir verfolgten den UKW-Funk und wir hörten noch einige Notrufe. Wir waren also nicht die Einzigen.

Crew-nach-Sturm1

Unsere Crew hat wacker durchgehalten und dann gab es erst einmal ein Bier!

Crew-nach-Sturm2

Als die Maschine abgekühlt war, wurde das Kühlwasser ergänzt, Maschine gestartet, sie war wieder ok.

8 Gedanken zu „Die Anahita II erlebt Ihren schwersten Sturm auf See

  1. Da lässt man Euch einmal alleine segeln, und schon müsst Ihr die Hosen wechseln!!!
    Habe bei der Bodensee Rundum auch mal 10 Beaufort gehabt, alle Segel kaputt und Propeller vom Motor auch. Ablaufen nach Lindau und SOS Ruf. Glücklich in einem freien Liegeplatz festgemacht.
    2 von 3 Crewmitgliedern Totalausfall.
    Nach dem 3ten Weißbier waren meine Nerven dann wieder auf Normalniveau.
    Chapeau!!
    Habt ihr gut gemacht.
    Noch viel Spass

    LG
    gérard

  2. Während ihr Stress hattet haben wir in Valdobbiadene (80km nördlich von Venedig)100 Flaschen Prosecco gekauft, in Venedig auf dem Markusplatz den fälligen Heiratsantrag geübt, und am Gardasee in Campione den neuen Hafen inspiziert; einfach nur stress les.

    LG
    gérard

  3. Liebe Babs, lieber Wolfgang,

    ich bin noch immer ganz ergriffen von eurem Bericht!

    Unglaublich, was Ihr erlebt und durchgestanden habt! Wenn Babs schreibt, dass es ihr „fast unheimlich“ war, dann hätte ich es wohl gar nicht überstanden!

    Ich bin geschockt, dass es Euch erfahrene Segler noch dermaßen „erwischen“ kann. Außerdem hat der Bericht erneut gezeigt, dass man sich „auf nix verlassen kann“…

    Wetterbericht, Küstenwache und sogar Eure Maschine haben Euch im Stich gelassen.

    Echt erschreckend, auf der anderen Seite natürlich bewundernswert, wir ihr alles gemeistert habt! Bravo!

    Wolfgang hatte doch noch davon geschwärmt, dass man heutzutage bei „den guten Voraussagen“ nur noch selten Wetter-Überraschungen erlebt….

    (Nachdem wir uns in Samos getrennt hatten, sollten wir doch bloß eine „Sturmspitze“ in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag erleben.- Wir lagen ab 12 Uhr in Partheni (Leros) vor Anker und es hat 16 Stunden lang geweht (und geschwojt…)).

    Euer Bericht wird mich noch lange beschäftigen, – ich versuche Bernd immer davon zu überzeugen, dass Segeln „anfangs“ so easy ist, weil man keine Ahnung hat und unbekümmert und blauäugig an die Sache ran gehen kann. Wenn man denn so ein kleines bißchen erlebt hat, wachsen Wahrnehmung und Vorsicht, da man einen besseren Überblick hat und über das Unmittelbare hinausschauen kann.

    Ich finde es toll, einen solchen Bericht von euch zu lesen, es macht mich noch vorsichtiger!

    Ich wünsche Euch einen schönen Abend und guten Wind für die nächsten Tage —– (ist das Wasser jetzt wärmer???)

    Ganz herzliche Grüße von eurer

    Christiane

  4. Hallo Babs und Wolfgang,

    herzlichen Glückwunsch zu Eurer tollen Leistung. Das war sicherlich Schwerstarbeit.
    Wie Ihr sicherlich aus dem Internet erfahren habt, flog auch hier im Ruhrgebiet nicht nur der Bär.
    Es tobte der schlimmste Gewittersturm seit mehr als 20 Jahre mit mehreren Toten als Folge.
    LG Bernd

  5. Gratuliere für die Meisterleistung aus dieser immensen Gefahr heil herausgekommen zu sein.
    Noch dazu ohne Schaden.
    Bin am Traunsee bisher 2x unbeschadet einem Sturm entkommen.
    Das war wahrscheinlich eher harmlos, gegenüber eurem Orkan.
    Weis wie das ist, wenn man hofft das der Wind endlich schwächer wird.
    Alles Gute weiterhin, bis zum 8.9. freue mich wenn ich dann an Board kommen darf.
    Mast und Schotbruch!

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